Schottische Musik

Wer an Schottland denkt, denkt fast automatisch an die schottische Musik, insbesondere an ein ganz spezielles Instrument, bei dem eine Gänsehaut einfach nicht ausbleibt: Die Great Highland Bagpipe (GHB) oder auf deutsch: der schottische Dudelsack. Während die Einen eher Abstand davon gewinnen mögen, weil es für sie vielleicht eher Katzenmusik ist, sind seine Liebhaber wie magisch angezogen, sobald sie irgendwo den Klang einer Pipe, wie wir sie liebevoll nennen, hören. Wenn man sich Schottland vorstellt, sieht man ihn förmlich vor dem geistigen Auge: den Lonely Piper, der irgendwo in der Landschaft steht und seine Musik spielt, ganz alleine für sich und die Natur. Aber es gibt auch das Gegenteil. Gut möglich, dass man durch eine Stadt geht und einzelne Piper oder eine Band von Dudelsackspielern hört, bevor man sie sieht. Als Band treten sie bei vielen Paraden, Highlandgames und vielen anderen Festlichkeiten, Konzerten und Festivals auf.

Jeder, der Zeit in Schottland verbringt, hört mindestens einmal eine Melodie, zu der man mit den Füßen wippt und mitsingt oder man erlebt einen geselligen Tanz. Traditionelle schottische Musik hört man immer noch im ganzen Land. Man sieht und hört Dudelsackspieler auf den Straßen, erlebt energiegeladene Sessions auf der Geige und kann den sanften Melodien der Volkslieder in den Pubs lauschen. Was aber passiert, wenn man die schottische traditionelle Musik mit Tanz vermischt? Eine echt schottische Abendunterhaltung! Zusammen mit Dudelsäcken kann man oft Geige, Akkordeon, Gitarre und auch Harfen hören. Abende mit Volksmusik und Jamming-Sessions finden immer noch in ganz Schottland in Pubs statt, in denen man oft einfach mit einem Instrument auftauchen und mitmachen kann. Ebenso läuft man immer mal Straßenmusikanten über den Weg, die mit den Pipes wunderschöne schottische Musik zum Besten geben.
Eine besondere Gelegenheit diese Musik zu erleben sind „Ceilidhs“. Dieses sind Zusammenkünfte, um gemeinsam Geschichten zu erzählen, zu singen und zu tanzen und Musik zu machen.

Die Dudelsackmusik ist eng mit der gälischen Kultur verbunden und es gibt im Grunde zwei Musikstile, die man auf diesen Blasinstrumenten spielt: Ceòl Beag und Ceòl Mór. Auf Gälisch bedeutet das „kleine Musik“ und „große Musik“.

Ceol Beag oder auch Light Music

Zur kleinen Musik oder auch Light Music gehören Musikstücke, die Tunes genannt werden, die zum Marschieren geeignet sind. Dabei gibt es noch weitere Unterteilungen in

  • z.B. Retreat Marches, die meist im ¾ Takt geschrieben sind und sich gut zum zügigen Marschieren eignen
  • Slow Marches, die, wie der Name schon sagt, zum langsamen Marschieren geeignet sind
  • 6/8 Marches, die aufgrund ihres etwas anderen Rhythmus den Märschen einen besonderen Charakter verleihen und auch im Allgemeinen etwas anspruchsvoller zu spielen sind.

Also das Spektrum ist hier schon recht vielfältig. Hinzu kommt, dass es neben der Marschmusik auch noch die wie oben schon angesprochene Tanzmusik gibt. Auch hier gibt es wieder Unterteilungen. Es finden sich Strathspeys, Reels, Hornpipes und Jigs.

  • Ein Strathspey ist eine urtypische Form der schottischen Tanzmusik, die sich so nicht in anderen Ländern wiederfindet. Auf Highland Dancings werde oft Tänze zu Strathspeys aufgeführt. Durch eine etwas stärker betonte Spielweise, bei der die Punktierungen deutlicher gespielt werden, bekommen Strathspeys eine besondere Dynamik. Strathspeys werde immer in 4/4 Takt geschrieben.
  • Ein Reel wird im 2/2 Takt geschrieben und wird somit schneller gespielt. Deswegen werden zu Reels auch schnellere, lebhaftere Tänze aufgeführt.

Strathspeys und Reels werden auch gerne bei Competitions, also Piping und Drumming Wettbewerben, gespielt, in Kombination mit einem March, der vor dem Strathspey platziert ist. Ein solches Set wird MSR abgekürzt und gilt als sehr anspruchsvoll. Bei diesen Competitions werden durchaus Tunes gespielt, die sich nicht ganz so gut zum Tanz eignen.

  • Neben Strathspey und Reel gibt es noch Hornpipes. Wer jetzt denkt, diese Tunes würden auf einem anderen Instrument als der Great Highland Bagpipe gespielt, weil in dem Namen „pipe“ drin vorkommt, der irrt. Hornpipes sind lediglich nach dem gleichnamigen Instrument benannt. Diese Art der Musik wird auch gerne als typischer Tanz der Seeleute angesehen (bekannt: Sailor´s Hornpipe), da sie auch von nur einem Tänzer auf engem Raum getanzt werden können und gilt als englischer Nationaltanz. Hornpipes werden im heutzutage im 2/4 oder 4/4 Takt geschrieben, wohingegen sie ursprünglich im 3/2 Takt verfasst wurden.
  • Jigs wiederum werden meist im 6/8 Takt verfasst, können aber auch im 9/8 vorkommen. Diese Jigs werden dann Slip Jigs genannt. In Jigs kommen typischerweise viele Noten-Triplets vor, die durch G-D-E- Gracenotes getrennt werden. Ursprünglich waren Jigs hauptsächlich Solo-Stepptänze. Heutzutage gelten Jigs auch als Gesellschaftstanz. Da Reels und Jigs jeweils zweizählige Takte und das gleiche Tempo haben, können beide Tänze mit nahezu den gleichen Schritten getanzt werden.

Neben der Tanzmusik gibt es aber natürlich auch Musik zum Zuhören. Dazu zählt alles, was nicht zum Marschieren oder Tanzen gedacht ist. Dazu zählen (Slow) Airs und Hymnen, die aus der Ceòl Beag stammen. Ebenso gehört zur Musik, die nicht zum Tanzen geeignet ist, die große Musik, die sogenannte Ceol Mor, auch Piobaireachd (gesprochen: Pibroch) genannt. Dies ist die Schottisch-Gälische Bezeichnung, die in etwa so viel heißt wie „Dudelsack spielen“.

Piobaireachd

Piobaireachd ist die ursprünglichste Musikform auf der GHB. Sie wird traditionell und grundsätzlich nur solo gespielt, da sie früher nur mittels Singsprache, dem sogenannten Canntaireachd (gesprochen Kanntroch, Schottisch-Gälisch für Singen) übermittelt wurde. Die exakte Dauer der einzelnen Töne lassen sich nicht exakt in geschriebenen Noten festhalten und die Notenschriften sind eher eine Gedächtnisstütze. Deswegen ist die Interpretation der Tunes von Spieler zu Spieler ein klein wenig anders, was die Länge einzelner Noten betrifft, was das Zusammenspiel mehrerer Piper schwierig gestaltet. Der Piobaireachd unterteilt sich in ein Melodiethema, dem Urlar, oder auch Ground genannt, und mehreren Variationen davon. Das heißt, die Melodie bleibt im Grunde erhalten, nur variiert. Durch die verschiedenen Variationen dauert ein Stück unterschiedlich lang, eines kann 5 Minuten dauern, ein anderes auch locker über 20 Minuten und länger.

Die Noten

Die Noten für Piper werden im ganz normalen Notensystem geschrieben, jedoch mit ein paar Besonderheiten. Melodienoten werden mit dem Notenhals nach unten notiert und Gracenotes mit dem Hals nach oben. Es gibt nur 9 Töne, die man mit der GHB spielen kann. 2 Töne, von den Pipern C und F genannt, sind genaugenommen Cis und Fis, also einen Halbton höher. Unter Pipern hat sich diese, eigentlich falsche Bezeichnung durchgesetzt, für andere Musiker wird in neueren Stücken auch die entsprechenden Vorzeichen mit angegeben, damit sie wissen, welcher Ton genau gemeint ist.

Im Gegensatz zu der normalerweise geltenden Regel, dass die Position der Noten auf den Linien den Ausschlag gibt über die Richtung des Notenhalses, also entweder nach oben oder nach unten, ist es hier so, dass alle Melodienoten mit dem Hals nach unten und alle Verzierungsnoten, also die Gracenotes, mit dem Hals nach oben notiert werden. Diese Verzierungsnoten sind nötig, wenn 2 gleiche, aufeinanderfolgende Noten getrennt zu hören sein sollen und um generell mehr Ausdruck und Betonung in ein Stück zu bringen. Auf der GHB ist es nämlich nicht möglich, lauter oder leiser zu spielen. Es gibt nur „an“ oder „aus“.
Gracenotes sind als 32tel notiert, werden oft aber kürzer gespielt und alle Gracenotes in einem Stück sollten gleich lang oder kurz gespielt werden, abhängig von der Schnelligkeit, mit der das Stück generell vorgetragen wird. Da es auf anderen Instrumenten nicht nötig ist, Noten durch Gracenotes zu trennen, werden diese beim Umschreiben auf ein anderes Instrument einfach weggelassen.

Dadurch, dass die Stimmung, der sogenannte Pitch, auf der GHB etwas höher ist als bei anderen Instrumenten (B flat statt B) ist es schwierig, mit anderen Instrumenten zusammen zu spielen. An dieser Grundstimmung kann man an der Spielflöte, das sogenannte Pipechanter, selbst nichts ändern. Inzwischen gibt es Pipechanter, die auf B gestimmt sind, aber traditionell war es eben B flat. Wenn andere Musiker mit einem Piper zusammen spielen wollen, müssen diese ihre Noten nach B flat transponieren oder hoffen, dass der Piper ein Chanter hat, das auf B gestimmt ist.

Solo-Piper und Pipebands

Während Piobaireachd nur solo gespielt wird, können alle anderen Stücke mit mehreren Pipern gespielt werden. Natürlich steigt der Schwierigkeitsgrad mit den steigenden Anzahl mitspielender Piper. Jede Note, jede Punktierung muss ganz genau gleich gespielt werden. Wenn ein Piper eine Note zu kurz oder zu lang anhält, ist der Tune schon nicht mehr ganz so schön und die Performance das Piper ist nicht ganz so gut.

Aber so schön die Pipemusik auch ist, ohne unsere Drummer wären wir unvollständig! Sie geben unseren Tunes das Besondere, denn sie haben die Möglichkeit, mit ihren Instrumenten zu variieren. Erst durch die Drums wird ein Tune so richtig lebendig und komplett.